20.09.2015 Portomarin

Märchenwälder und Pseudo-Pilger

Mit einem selbst gemachten Frühstück ging der Tag heute gleich gut los. Als wir aus der Stadt raus waren, haben wir im Kloster unsere Morgenandacht nachgeholt. Einiger trauten sich schon in kurzer Hose hinaus. Bei ca. 10Grad ein gewagtes Unterfangen. Doch wenn man bedenkt, dass wir wieder gleich bergauf gingen, kann man das verstehen. Im Wald entdeckten wir schöne, alte Bäume und der Lichteinfall und die herrlich grüne Farbe war einfach märchenhaft schön. Mitten in einem Märchenwald trafen wir auf eine „Pilgerauftankstelle“. Wo es Saft und Bananen gab. Diese Selbstlosigkeit lockt immer ein Lächeln auf die Lippen und gibt Kraft für den Weg. Doc h mit der Selbstlosigkeit auf den Wegen war es dann gefühlt vorbei. Als wir am sehr warmen Nachmittag auf die ersten „Pseudo-Pilger“ treffen, kommen uns Zweifel. Natürlich ist es toll. Dass Leute, die untrainiert sind und keine Zeit haben, den Camino zu gehen, die Chance haben, es trotzdem zu tun. Doch nachdem wir schon 200km im Gepäck und als Gruppe gelaufen sind, kommt es uns wie ein Geschäft vor. Das Gefühl, dass die Leute unseren Freund, den Jakobsweg, kaufen. Was man nicht kann. Und als wir dann Leuten begegnen, die sich mitten auf den Weg stellen (so, dass man sie nicht umgehen kann) und eine Unterschrift aufzwängen, sind wir am Boden zerstört. Dieser Weg, der uns schon so lange begleitet, zu einem Marketing-Fleck zu machen, ist für uns unvorstellbar. Doch als wir dem „100km bis Santiago“-Wegstein begegnen, was das für einen Augenblick vergessen. Jetzt sind wir vom dreistelligen in den zweistelligen Zahlenbereich gewechselt. Dann lief sich der Weg unter unseren Füßen weg. Jetzt freuen wir uns auf unseren wohlverdienten Ruhetag in Portomarin. (Noomi Thormann vom EVI-Santiago 2015 Pilgerprojekt  aus Portomarin)

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